Sabbatical Week - Tag 3
Sonnenaufgang nach einer unruhigen Nacht |
Tag 3
Die dritte stürmische Nacht liegt hinter mir. Es ist die
heftigste, wie sich noch herausstellen sollte. Nach meinem gestrigen Ruhetag
ist heute wieder ein Lauf angesagt. Der Blick aus dem Fenster ist
vielversprechend. Scheinbar hat der Sturm den Regen weggefegt. Sogar die Sonne
blinzelt mir schüchtern zu. Ich begebe mich auf die Piste und werde heute meine
10 Kilometer abspulen. So der Plan.
Schon nach einem Kilometer merke ich: das wird heute zäh.
Der Wunsch eines heiteren Trainings verflüchtigt sich. Am Ufer herrschen
undankbare Bedingungen. Die Nacht offenbart mir eine Schneise der Verwüstung.
Ein regelrechter Teppich aus Ästen, Zweigen und Zapfen breitet sich vor mir
aus. Sogar zerborstene Dachziegel behindern mich. Dazu kommen Unmengen an
Pfützen und Matsch. Zu allem Überfluss schmerzt meine Schulter. Meiner
Konzentration und vor allem Koordination wird alles abverlangt. Wie bei den
German Masters überspringe ich Wassergräben und Hindernisse. Habe ich die
Sportart gewechselt?! Leider erwartet mich ein weiterer erbitterter Gegner. In
mehr als fünf Jahren Laufsport, habe ich soetwas noch nicht erlebt. Dieser
Gegenwind. Unbarmherzig bremst er mich bei jedem Sprung in der Luft aus. Das
Laufen wird zur Tortur. Selten habe ich mich so kraftlos und ohnmächtig
gefühlt. Obwohl ich fit bin. Egal wie stark ich mich nach vorn schiebe. Es ist
wie eine unsichtbare Wand vor mir. Die Luftzufuhr wird mir abgeschnitten. Der
Wellengang erinnert an Fuerteventura. Wenn jetzt Sommer wär‘. Stattdessen fühle
ich mich eher im eisigen Windkanal gefangen. Die Naturgewalten analysieren
ausgiebig die Aerodynamik meines Körpers. Ganz kurz zuckt ein Gedanke durch
meine Hirnrinde. Warum gibst du dir das überhaupt!? Quäl dich doch nicht in
deiner Sabbatwoche! Du musst hier niemandem was beweisen! Oder etwa doch?!
Die letzten 30 Meter bis zur Wendemarke sind die reinste
Hölle. Am Ufer, auf freier Fläche bin ich der Natur völlig ausgeliefert. Ein
winziger Spielball, der von allen Seiten geschubst wird. Mir bleibt nur eine
einzige Hoffnung. Bitte schenke mir gleich Rückenwind, Poseidon!
Was nun folgt, wirkt absolut surreal. Kaum mache ich kehrt,
verändern sich die Verhältnisse schlagartig. Genau in diesem für mich magischen
Moment schaut die Sonne raus. Mein vom Wind ausgekühlter Körper wird auf der
Brust sanft gewärmt. Der aufgewühlte See beruhigt sich ein wenig. Die
Wasseroberfläche blendet und wärmt mein Gesicht. Der eben noch fiese
Gegenspieler wird zum geschmeidigen Antrieb. Der Rückenwind schiebt leicht von
hinten an. Mein Herz fängt an zu tanzen. Dieses Geschenk kam unerwartet. Wie
eine junge Gazelle fliege ich fortan der Heimat entgegen. Ganz locker tänzele
ich mich durch den Hindernisparcours. Gefühlt laufe ich mit doppelter
Geschwindigkeit zurück. Beim Auswerten der Laufdaten bin ich überrascht. Die jeweils
fünf Kilometer hin und zurück weisen fast exakt die gleiche Zeit auf. Der
Hinweg kam mir aufgrund meiner negativen Gedanken wie ein Schneckenrennen vor.
Der Rückweg war aufgrund meines positiven Spirits wie ein Torpedo. Wie das
Aufheben des Tempolimits. Meine Wahrnehmung hat mir einen Streich gespielt.
Gegen Ende des Laufes kommt mir eine Geschichte in den Sinn.
Ich möchte sie euch nicht vorenthalten.
Sie handelt von einem kleinen Jungen. Er lebt mit seinen
Eltern in einer Stadt in Südamerika. Von der Größe vergleichbar mit München. Eine
typische Arbeiterstadt am Hafen. 30% der Einwohner sind Analphabeten. Nicht
gerade gehobene Verhältnisse, in die der Kleine hineingeboren wird. Die Mutter
Putzfrau. Der Vater einfacher Arbeiter. Es ist ein täglicher Kampf, um über die
Runden zu kommen. Der Knirps nimmt alles um sich herum wahr. Er ist ein
schüchterner, unscheinbarer und sensibler Junge. Das rauhe Umfeld passt so gar
nicht zu diesem verletzlichen Geschöpflein. Seine größte Leidenschaft gilt dem
runden Leder. Seit er fünf ist spielt er Fußball im Dorfverein. Stets ist er
der Kleinste und Schmächtigste. Die Gegenspieler hänseln und belächeln ihn. Er
wird überall nur „la pulga“ genannt. Der Floh. Doch seine Mitspieler wissen,
was sie an ihm haben. Wenn der Kleine am Ball ist, wandelt sich seine
Schüchternheit in Wagemut. Er ist wieselflink. Das bleibt auch den etwas
größeren Vereinen nicht verborgen. Aber im ganzen Land nehmen sie Abstand von
einer Verpflichtung. Der Junge ist krank. Keine Mannschaft ist bereit Geld für
die notwendige Therapie in die Hand zu nehmen. Obwohl sein Talent einzigartig
ist. Die umgerechnet 900 US-Dollar pro Monat will keiner berappen.
Die Zeiten werden noch härter. Es bricht eine Wirtschaftskrise über das Land herein. Die Eltern sehen sich gezwungen nach Europa auszuwandern. Der Junge muss natürlich mit. Weg von seinem Heimatverein. Weg von seinen Freunden und Mannschaftskameraden. Weit weg in ein fremdes Land. Er ist erst 13. In diesem Alter misst er lediglich 1,40 Meter. Er leidet an einer Wachstumsstörung durch eine geringe Produktion von Wachstumshormonen. Die Familie allein kann das unmöglich stemmen. Sie sucht verzweifelt nach einem Verein, der dieses Talent gebrauchen kann, aber auch die Behandlungskosten übernimmt. Das wäre die Win-Win-Situation. Nach unendlich zähem warten. Endlich ist ein Verein in Spanien bereit das monatliche Honorar zu zahlen. Die Familie kann auswandern. Was wie ein kleines Happy End klingt, ist erst der Anfang. Obwohl er noch sehr jung ist, zählt der Bursche auch in Europa immer zu den Besten seines Jahrgangs. Die Therapie scheint langsam anzuschlagen und er wird auch körperlich kräftiger und robuster. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis „der Floh“ zu den Profis aufrücken wird. Auch dort ist noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Er kann sich im Profifußball durchsetzen und beißt sich rein in dieses harte Geschäft.
Das was ihn in den Augen der anderen schwach aussehen hat lassen, genau das nutzt er jetzt als seine größte Waffe. Seine geringe Größe eröffnet ihm ganz neue Möglichkeiten. Mit seinen inzwischen 1,69 Metern hat er einen extrem tiefen Körperschwerpunkt. Seine enge Ballführung und Bodenhaftung sind unvergleichlich. Sie werden gepaart mit unheimlicher Schnelligkeit und Wendigkeit. Diese Attribute machen ihn auf einmal unberechenbar. Selbst Abwehrhünen lässt er wie hüftsteife Statuen stehen. Die Gegner lachen ihn nicht mehr aus. Sie fürchten sich vor seinen Qualitäten. Aus Harmlosigkeit ist Gefahr geworden. Er kann Spiele im Alleingang entscheiden. Einfach so. Wie auf der XBOX. Dazu ist er noch ein ausgesprochener Teamplayer. Er hat immer das Auge für den besser postierten Mann. Der Dienst für die Mannschaft hat Vorrang. Er hat die Gabe seine Mitspieler in Szene zusetzen. Dadurch macht er selbst sie besser. Kein Wunder beherrscht seine Mannschaft jahrelang den Weltfußball. Sie erfindet ihn sogar neu. Bei all den Siegen bleibt eines gleich. Seine Bescheidenheit. Er weiß wo seine Wurzeln liegen. Was es ihn gekostet hat, das alles zu erreichen. Er bleibt bescheiden. Er weiß wie kalt der Wind war, der ihn seine ganze Kindheit und Jugend gepeinigt hat. Öfter denkt er an die Momente der Ungerechtigkeit und Selbstzweifel zurück. Als er damals diese Gedanken im Kopf hatte, wie: „Ich schaffe das niemals, ich bin kleinwüchsig und arm!“ Oder: „Keiner will mich, ich kann noch so gut sein. Alle wollen einen starken gesunden Spieler. Niemand wird mich jemals nehmen!“ Dann macht er sich seinem unfassbar starken Glauben an sich selbst und seiner Vision bewusst. Dieser Glaube hat ihm alles beschert, was er bisher erlebt hat und heute besitzt.
Die Zeiten werden noch härter. Es bricht eine Wirtschaftskrise über das Land herein. Die Eltern sehen sich gezwungen nach Europa auszuwandern. Der Junge muss natürlich mit. Weg von seinem Heimatverein. Weg von seinen Freunden und Mannschaftskameraden. Weit weg in ein fremdes Land. Er ist erst 13. In diesem Alter misst er lediglich 1,40 Meter. Er leidet an einer Wachstumsstörung durch eine geringe Produktion von Wachstumshormonen. Die Familie allein kann das unmöglich stemmen. Sie sucht verzweifelt nach einem Verein, der dieses Talent gebrauchen kann, aber auch die Behandlungskosten übernimmt. Das wäre die Win-Win-Situation. Nach unendlich zähem warten. Endlich ist ein Verein in Spanien bereit das monatliche Honorar zu zahlen. Die Familie kann auswandern. Was wie ein kleines Happy End klingt, ist erst der Anfang. Obwohl er noch sehr jung ist, zählt der Bursche auch in Europa immer zu den Besten seines Jahrgangs. Die Therapie scheint langsam anzuschlagen und er wird auch körperlich kräftiger und robuster. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis „der Floh“ zu den Profis aufrücken wird. Auch dort ist noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Er kann sich im Profifußball durchsetzen und beißt sich rein in dieses harte Geschäft.
Das was ihn in den Augen der anderen schwach aussehen hat lassen, genau das nutzt er jetzt als seine größte Waffe. Seine geringe Größe eröffnet ihm ganz neue Möglichkeiten. Mit seinen inzwischen 1,69 Metern hat er einen extrem tiefen Körperschwerpunkt. Seine enge Ballführung und Bodenhaftung sind unvergleichlich. Sie werden gepaart mit unheimlicher Schnelligkeit und Wendigkeit. Diese Attribute machen ihn auf einmal unberechenbar. Selbst Abwehrhünen lässt er wie hüftsteife Statuen stehen. Die Gegner lachen ihn nicht mehr aus. Sie fürchten sich vor seinen Qualitäten. Aus Harmlosigkeit ist Gefahr geworden. Er kann Spiele im Alleingang entscheiden. Einfach so. Wie auf der XBOX. Dazu ist er noch ein ausgesprochener Teamplayer. Er hat immer das Auge für den besser postierten Mann. Der Dienst für die Mannschaft hat Vorrang. Er hat die Gabe seine Mitspieler in Szene zusetzen. Dadurch macht er selbst sie besser. Kein Wunder beherrscht seine Mannschaft jahrelang den Weltfußball. Sie erfindet ihn sogar neu. Bei all den Siegen bleibt eines gleich. Seine Bescheidenheit. Er weiß wo seine Wurzeln liegen. Was es ihn gekostet hat, das alles zu erreichen. Er bleibt bescheiden. Er weiß wie kalt der Wind war, der ihn seine ganze Kindheit und Jugend gepeinigt hat. Öfter denkt er an die Momente der Ungerechtigkeit und Selbstzweifel zurück. Als er damals diese Gedanken im Kopf hatte, wie: „Ich schaffe das niemals, ich bin kleinwüchsig und arm!“ Oder: „Keiner will mich, ich kann noch so gut sein. Alle wollen einen starken gesunden Spieler. Niemand wird mich jemals nehmen!“ Dann macht er sich seinem unfassbar starken Glauben an sich selbst und seiner Vision bewusst. Dieser Glaube hat ihm alles beschert, was er bisher erlebt hat und heute besitzt.
Der kleine Junge ist heute 32 und heißt Lionel Messi.
Er ist der erfolgreichste und beste Fußballer aller
Zeiten. Er wurde sechsmal Weltfußballer. So oft wie niemand zuvor und auch
wohl niemand mehr nach ihm. Er hält sämtliche Rekorde im Weltfußball. Messi ist
Olympiasieger.
Ein Perspektivwechsel stattet uns mit unheimlicher Power
aus. Wenn wir die Sichtweise über unsere Probleme ändern. Wenn wir anfangen
über die Chancen einer Niederlage, eines Handicaps nachzudenken. Wenn wir die
Einzigartigkeit und dadurch die Möglichkeiten unserer Ecken und Kanten sehen.
Wenn wir begreifen, dass das wofür wir von anderen verurteilt werden sogar
unser Trumpf sein könnte. Unser Glaube an die eigene Stärke, kann ungeahnte
Kräfte in uns auslösen. Wenn wir uns bewusst machen, dass wir in unserem ganz
eigenen Rennen von niemandem überholt werden können. Wenn wir die Gewissheit
haben, wir müssen es nicht wie die graue Masse machen. We can do it our own
way!!!
Auf der ganzen Welt sehen wir Mini-Messis. Kleine Jungs
sämtlicher Herkunft mit einem Barcelona Trikot und der Nummer 10. Alle wollen
so sein wie er. Sie lieben und verehren ihn. Sie glauben an sich und wissen:
wenn er es geschafft hat, kann ich es auch schaffen!
footprinter-Erkenntnis des Tages:
Jedes anfänglich scheiternde Projekt kann zum Erfolg werden.
Jeder schlechte Morgen kann durch einen wunderbaren Abend noch zum schönsten
Tag unseres Lebens werden. Das einzige, was uns die Macht und den Glauben dafür
gibt: ist unsere Perspektive und Einstellung zum Leben.
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